Frauenbündnis enttäuscht über Gerichtsentscheid gegen Parité
Großer Rückschritt mit Signalwirkung für die Gleichstellung der Geschlechter

Brandenburg und Thüringen verabschiedeten nacheinander ein Paritätsgesetz. Damit sollten nur solche Wahllisten der Parteien zu den Landtagswahlen zugelassen werden, auf denen Männer und Frauen abwechselnd zur Abstimmung stehen. Dafür hatten große Frauenbündnisse viele Jahre gekämpft, um mehr Frauen den Einstieg in die Politik zu ermöglichen. Denn: Die Zahl der gewählten Abgeordneten sinkt bundesweit unaufhaltsam. In Niedersachsen sind zum Beispiel nur noch 29,2 % Frauen im Landesparlament. Das ist nicht einmal ein Drittel. 2003 waren es noch 34,2 Prozent.

Nachdem Frauen 1918 das Wahlrecht erstritten haben, kann es nach Meinung der Frauen aus dem Mentoring-Programm „FRAU.MACHT.DEMOKRATIE.“ nicht sein, dass mehr als 100 Jahre später der Frauenanteil in den Parlamenten noch deutlich unter 50 Prozent liegt. Im Durchschnitt beträgt der Frauenanteil in den Kommunalparlamenten nur 23,5 Prozent.

Das Parité-Gesetz wurde vor wenigen Tagen in Thüringen von einem Richter-Gremium bestehend aus überwiegend Männern gekippt. Argumente, mit denen das Gesetz zu Fall gebracht wurde, sind sinngemäß, dass Parité die Freiheit der Wahl und die Freiheit der Parteien beeinflusse. Die Expertin und Streiterin für Parité, Silke Laskowski, sieht es umgekehrt. Sie ist der Überzeugung, dass Parität durch das Grundgesetz sogar geboten ist. Schließlich heißt es dort in Artikel 3, Absatz 2, dass der Staat aktiv auf die Gleichberechtigung von Männern und Frauen hinwirken soll. Laskowski will den Kampf nicht aufgeben. Sie erwägt nunmehr eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Die Frauen aus dem Mentoring-Projekt im Landkreis Stade und die Gleichstellungsbeauftragten wünschen sich einen höheren Anteil von Mandatsträgerinnen. Sie wollen nicht länger warten und sind sich mehrheitlich einig, dass das nur durch ein Parité-Gesetz erreichbar ist. Die letzten 100 Jahre haben gezeigt, dass sich Gleichberechtigung in den Parlamenten nicht von allein löst. Wunsch ist, dass sich in der Politik die gleichen Mehrheitsverhältnisse wie in unserer Bevölkerung widerspiegeln und die unterschiedlichen Interessen entsprechend kraftvoll vertreten werden können.

Die Frauen des Mentoring-Programms „FRAU.MACHT.DEMOKRATIE.“ setzen sich gemeinsam dafür ein, dass sich der Frauenanteil in den Parlamenten deutlich erhöht.

Foto: Pitopia, Heike Brauer, 2010